Wertvolle Zeit

Leider habe ich nicht genug Zeit, diesen Blog so regelmäßig zu füttern, wie er es verdient hätte. Inzwischen ist das Internet ja voller wichtiger und weniger wichtiger Artikel, die sozialen Plattformen machen die Blogs ziemlich platt, was ich zwar mit Bedauern konstatiere, aber Fortschritt heißt eben Veränderung. Also passt man sich an…

Dennoch wollte ich folgenden Link mal wieder teilen, er hat mich sehr berührt, denn leider sieht man doch beinahe jeder Veranstaltung Hunde, deren Frauchen/Herrchen der Spaß am Hundesport etwas abhanden gekommen ist. Hunde, die „through no fault of their own“ einen Fehler machen, ins Dis laufen oder Punkte in einer anderen Sportart verlieren, und dann mit Verachtung gestraft oder sogar geschimpft werden – obwohl sie überhaupt nichts dafür können. Kein Hund macht absichtlich einen Fehler: Entweder hat der HF versäumt, den Hund ordentlich auszubilden, ihn auf den Stress einer Prüfung vorzubereiten oder die verschiedenen Ablenkungen nicht ausreichend geübt. So einfach ist das, drei Fehlerquellen, und keine davon können wir dem Hund anlasten.

Den Artikel sollte man daher mal in Ruhe durchlesen und vielleicht auch wieder lernen, Hundesport als das zu sehen, was es eigentlich noch sein sollte: Wertvolle Zeit, die wir MIT unserem Hund verbringen – nicht gegen ihn. Daher:

There’s no crying in dog sports

Die Geister, die ich rief…

Eine wichtige Fähigkeit, die ein Welpe oder auch der erwachsene Hund lernen muss, ist, in bestimmten Situationen auf etwas Reizvolles zu verzichten, d.h. seinen unmittelbaren Impuls zu kontrollieren. Leicht lässt sich diese Fähigkeit durch positives Training entwickeln, bei dem die Belohnung für den Verzicht den angebotenen Reiz übertrumpft, so dass der Hund lernt, dass sich das Warten auf etwas Besseres lohnt. Letzendlich erfordert das vom Hund schon beinahe ein Konzept von der Zukunft zu haben: Wenn ich jetzt A tue/nicht tue wird B folgen. Mit einfachen Trainingsspielen wie dem „It’s your choice“ game oder dem 10-Leckerchen-Spiel lassen sich diese Situationen gut simulieren. Einziger Nachteil ist – so dachte ich bisher – dass die Hunde das Spiel sehr schnell lernen und immer schwieriger zu verführen sind. Man muss schon sehr kreativ sein, damit das Spiel für  erfahrene Hunde noch eine Herausforderung darstellt.

Leider ist das aber dann doch nicht der einzige Nachteil, wie ich dank zu vieler Aufenthalte in einem bekannten sozialen Netzwerk feststellen musste. Fotos von Hunden, die mit Leckerchen geradezu dekoriert werden, sind dabei noch harmlos und oft sogar humorvoll – den Hunden ist es wohl zumindest egal, wie doof sie beim Posen aussehen. Wirklich aufregen könnte ich mich aber über die Art und Weise, wie z.B. das „It’s your choice game“ verdreht wird, so dass man dann in unsäglichen Videos sehen kann, wie es gerade NICHT geht. Daher nochmal eine kleine Erinnerung, worum es beim „It’s your choice“ game und ähnlichen Elementen geht:

Der Hund hat prinzipiell eine WAHL (= choice!)

Das einzige, das wir dabei tun, ist ihn bei dieser Wahl minimal zu unterstützen und die richtige Wahl zu belohnen. D.h., dass beispielsweise ein Leckerchen in der Hand präsentiert wird und sich die Hand nur dann sanft (!) schließt, wenn der Hund ans Leckerchen möchte. Nicht einmal das ist nötig, wenn man den Abstand zu Beginn größer hält. Dabei wird KEIN Kommando wie „Nein“ oder „Lass es“ gegeben, es wird in keinster Weise auf den Hund Einfluss genommen. Lediglich das Leckerchen kann verschwinden, wenn der Hund heran möchte, ideal wäre es, wenn man dies völlig vom Hundeführer trennen könnte und ein Gegenstand das Leckerchen „anonym“ abdeckt.

Führt man das Spiel richtig durch, bekommt der Hund keinen Stress und zeigt auch nicht – wie auf vielen Videos zu sehen – deutliches Meideverhalten. Sicherlich ist das individuell abhängig, der eine Hund fühlt sich eben schneller unter Druck gesetzt und guckt vorsichtshalber weg, selbstsichere Hunde starren dabei gerne das Leckerchen an und schalten nicht ab, sondern konzentrieren sich  darauf, sich zu beherrschen. Wenn der Hund aber bei diesem Spiel schon von vornherein erstarrt und ihm die Situation deutlich unangenehm ist, dann hat das weder mit Impulskontrolle zu tun (er hat nur gelernt, dass er etwas nicht ohne Erlaubnis nehmen darf), noch mit dem „It’s your choice“ game, denn „game“ heißt „Spiel“, und wenn der Hund sich dabei abschaltet, spielt er offenbar gar nicht mehr mit.

Ich bin niemand, der anhand einer zwei-Sekunden-Szene in einem Video das ganze Verhältnis zwischen HF und Hund beurteilt und gleich noch einen Therapieplan hinterher schiebt. Aber die Verbreitung einer guten Methode führt leider immer auch dazu, dass sie in den falschen Händen falsch umgesetzt wird, so dass ihr Zweck verloren geht und das Training seinen Sinn verfehlt. „Aber ich mache doch nur, was xy sagt/macht!“ , ist dann vielleicht die Begründung. Und so kann ich mir gut vorstellen – auch wenn diese Methode nicht von mir stammt, ich sie aber gerne anwende und vermittle – , dass die „Urheber“ einer neuen, gut gemeinten und an sich perfekten Methode manchmal verzweifeln, wenn sie sehen, was daraus gemacht wird und sie der Geister, die sie riefen, nicht mehr Herr werden.

Der Rudelführer

Möchten Sie gerne rasch und möglichst kostenlos Ihren englischen Wortschatz erweitern? Dann empfehle ich dringend, auf einer amerikanischen Foren- oder Facebookseite knapp und knackig die Rudel- oder Dominanztheorie anzuzweifeln. Wenigstens in puncto Schimpfwörter, wird ihr Wissen binnen weniger Stunden enorm anwachsen! Gut, stubenrein sind die meisten davon nicht und man muss sich fragen, welche Menschen hinter solchen Reaktionen stecken, die entweder davon zeugen, dass sie einen dominieren möchten oder dass sie einfach über keinerlei Impulskontrolle verfügen. Auch der gute alte Cesar (nein, nicht das Fresschen, hihi), eignet sich hervorragend, um jenseits des großen Teichs Blutdrücke (dieses Wort gehört mir, gab’s vorher nicht) ansteigen zu lassen. Dabei sollte man selbst ein eher unerschrockener Charakter sein, denn egal, wie sachlich die eigene Kritik vorgetragen wird, kann einen das Ausmaß der aggressiven Reaktionen schon ein wenig Angst machen – wie gut, dass eine Menge Wasser einen vor all den fanatischen Fans schützt!

Ist das Zufall? Wird man in einem Forum positiv arbeitender Trainer ebenso kreativ beleidigt und wissen auch diese, wo „unter der Gürtellinie“ ist? Mir drängt sich manchmal der Verdacht auf, dass es schon eines spezifischen Menschentyps bedarf, um Freude an der Vorstellung zu haben, man müsste eine andere Spezies bzw. ein anderes Individuum unterdrücken und ihm zeigen, „wer der Boss ist“. Ein Mensch, der zumindest an den Sinn von Hierarchien glaubt und der Demokratie nur für etwas Wunderbares hält, wenn er das Sagen hat. Ein Mensch, der gerne glauben möchte, dass man andere führen und notfalls unterwerfen muss – zu ihrem eigenen Besten. Schwant Ihnen langsam, dass dieser Typ Mensch vielleicht noch andere zweifelhafte Ansichten haben könnte? Fragen Sie doch einfach mal nach, Ihr Englisch wird es Ihnen danken!

Der Hundetrainer

Im Allgemeinen geht in Deutschland gar nichts ohne eine Ausbildung, ein Zertifikat oder sonst einen Schein, der einen dazu befähigt, offziell Dinge zu tun, die man privat sowieso vielleicht schon gemacht hat. Dies gilt allerdings nicht für Hundetrainer/-pychologen/-therapeuten usw. , denn jeder Depp – auf gut Deutsch – darf sich selbst dieses Prädikat zusprechen und von jetzt auf gleich eine Hundeschule eröffnen, auch wenn er vielleicht noch nicht mal eine popelige BH mit seinem eigenen Wauzi hinbekommen hat. [Die BH ist mitnichten das Nonplusultra in der Hundeerziehung, soll hier aber nur als Beispiel für irgendeine zielgerichtete Form der Hundeausbildung genannt werden].

Und seien wir ehrlich: Auch in den Vereinen trainieren oft Leute, die den Trainierten gerade mal zwei Schritte voraus sind. Diesen muss man aber zugute halten, dass sie dies ehrenamtlich und unentgeltlich tun und ein lernwilliger Neutrainer sich im Notfall an die „alten Hasen“ im Verein wenden kann, da ja kein kommerzielles Interesse besteht, dem Kunden unendliche Kompetenz vorzugaukeln. Dennoch profilieren sich Trainer – ob alt oder neu, im Verein oder selbstständig – gerne geradezu guruhaft über ihre Rolle profilieren, anstatt das hehre Ziel anzustreben, Wissen in Denkvermögen und Selbstständigkeit zu verwandeln. Ein richtig, richtig guter Trainer hat eigentlich nur ein Ziel: Seine Schüler „loszuwerden“, indem er sie zu fähigen Hundeführern erzieht, die einen Trainer nur noch in ihren Hundesportarten nötig haben.

Doch nun zum Zweck dieses Posts: Hier findet sich eine wirklich informativ und umfassend geschriebene dreiteilige Artikelreihe, die beschreibt, wie man einen guten Ausbilder bzw. Hundeschule findet, worauf man achten soll und was ein absolutes No-go ist. Ganz hervorragend geschrieben!

Offener Brief

Ich weiß, dass ich den Blog nur allzu selten füttere, aber Zeitmangel ist leider ein zwingender Grund. Heute möchte ich aber einen Link teilen, der aus der Sicht einer Halterin geschrieben ist, deren Hund an Epilepsie erkrankt ist. Der Brief hat mich sehr mitgenommen, denn er beschreibt schonungslos, dass es nicht nur irgendeine schlimme Krankheit ist, sondern das ganze Leben beeinträchtigt – vorausgesetzt man hängt an seinem Hund, wie ihr das hoffentlich alle tut.

Sehr lesenswert, aber auch sehr traurig.

Offener Brief

Nackthunde

Vor einigen Jahren hatte ich mit zwei meiner Hündinnen ein unschönes Erlebnis: Beim Spielen blieb eine mit dem Unterkiefer im Halsband der anderen hängen. Sie war damals noch jung und geriet dann auch schnell in Panik. Erst sah ich auch gar nicht, wo das Problem lag, nur dass meine Hündin schrie und die beiden irgendwie nicht von einander loskamen. Zum Glück blieb meine ältere Hündin recht cool, so dass ich die beiden befreien konnte – was dennoch nicht ganz leicht war, bei einem zappelnden, schreienden Pudel, meiner eigenen Angst, sie zu verletzen, und einem fest angespannten Halsband. Seit dem Tag laufen meine Hunde zuhause völlig nackt, tragen also weder Geschirr noch Halsband.

Leider ist es aber meiner Papillonhündin gestern gelungen, sich beim Warten in der Autobox das Halsband über den  Unterkiefer zu stülpen. Dabei  saß es nicht mal besonders locker. Ich erinnerte mich dunkel, dass sie das schon mal als Junghund geschafft hatte, die Jahre haben ihr in dieser Hinsicht aber offenbar noch keine Weisheit beschert. In der Regel tragen meine Hunde ja Geschirr und nur zum Training Halsband, aber gestern hatte ich das Halsband schon vorher angelegt.

Zum Glück ist auch diesmal nichts passiert, aber ich weiß auch nicht, wie lange sie da so verzweifelt vor sich hinwurschtelte. Ich mag mir nicht ausmalen, was alles passieren KANN, wenn sich ein Hund so verkeilt und wieviele Hunde sich beim Spielen in Geschirr oder Halsband des anderen verletzen. Daher mein Wort zum Sonntag: Macht eure Hunde möglichst nackig, wenn ihr nicht dabei seid! Passieren kann zwar immer etwas, aber so könnt ihr euren Hunden vielleicht ein  unangenehmes Erlebnis oder sogar  eine Verletzung erspart.

Die Heilige Kuh „Freispiel“

Etwas verzweifelt, da aussichtslos, suche ich derzeit eine Welpenstunde, in der den Welpen kein Freispiel gewährt wird.

Oh Gott!„, kann ich die Entsetzensschreie an den Bildschirmen förmlich hören, „Der arme Welpe!“  Tatsächlich gibt es aber mehr als einen guten Grund, einem Welpen nicht diesen längst überholten Unsinn zuzumuten und einige dürfen hier gerne nachgelesen werden. Wie für alle meine Texte gilt: Kopieren (oder verändert weiterverwenden) bitte nur auf Nachfrage. Ich möchte auch nochmal darauf hinweisen, dass ich als BlauerHund Trainer hier natürlich mit dem BlauerHundKonzept konform gehe und ich diese Sichtweise zum großen Teil Rolf C. Franck verdanke.

1) Das Freispiel stellt eine große körperliche Belastung für den kleinen Welpen dar. Es macht wenig Sinn, Sprünge im ersten Lebensjahr peinlichst zu vermeiden und die Spazierminuten auf das Wochenalter abzustimmen (gut, es soll Leute geben, die sich auch daran nicht halten), wenn die lieben Kleinen dann 45 bis 60  Minuten lang Bodychecks und Rennspiele einüben, und Purzelbäume schlagen dürfen. Schon mancher Welpe ging lahmend aus der heißgeliebten Welpenspielstunde – mögliche Folgeschäden an den zarten Gelenken oder Knochen nicht ausgeschlossen. Merkt man aber erst Monate (oder Jahre) später…

2) Das Freispiel stellt eine große psychische Belastung für den Welpen dar. Gerade noch behütetes Einzelkind auf Muttis Arm, bebt die Erde plötzlich unter dem Ansturm 16 Wochen alter Labbi-Welpen (nichts gegen Labbis)! Bevor sich Welpi richtig verhalten kann, liegt er schon am Boden, das „schöne“ Spiel beginnt! Mit korrekter, hündischer Körpersprache und Mimik kommt man in diesem Umfeld nicht weiter, kein erwachsener Hund setzt hier Grenzen, kein subtiles Hochziehen der Lefzen bremst die anderen aus. Hier heißt es: Rüpeln oder gerüpelt werden und ein schüchterner Hund lernt hier, dass andere Hunde ziemlich scheiße sind, wohingegen ein ohnehin schon taffer Welpe Mobbing und Nach-vorne-Gehen perfektionieren kann. Wenn man dann auch noch an einen Trainer gerät, der mit hirnlosen Sprüchen wie „das müssen die untereinander ausmachen“ oder „nicht helfen, das bestätigt ihn nur in seiner Angst“ daher kommt, dann lernt Welpi zudem, dass auf Frauchen absolut kein Verlass ist. Bindung ade!

3) Im Freispiel lernt der Welpe keine sozialen, sondern asoziale Umgangsformen. (S.o.) Frontales Aufeinanderzubrettern ist in der Hundewelt eher unüblich. Eine anständige Begegnung läuft so ab, dass sich ein Hund dem anderen möglichst nicht frontal und nicht allzu schnell nähert. Manchmal wird sogar am Boden geschnüffelt, als hätte man den anderen noch gar nicht gesehen, alles geschieht ruhig und beiläufig. Ein Welpe wird sich vor fremden Hunden lieber von seiner Schokoladenseite zeigen (d.h. von der Seite oder Bauch nach oben), heftig wedeln und extrem kleine Brötchen backen. Hat er aber in der Welpenstunde erfolgreich verinnerlicht, dass mit dem Anblick anderer Hunde quasi das Hallali zum Spielangriff geblasen wurde, haben wir distanzlose, dumme Welpen, die begeistert auf alle anderen Hunde zurennen – und ein entsprechendes Echo erhalten. Wenn sie das vertragen.

4) Im Freispiel lernt der Welpe, dass Frauchen oder Herrchen eine ziemlich langweilige Nummer ist. Natürlich sehen rennende und tobende Welpen begeistert aus und manche von ihnen (die, die nicht gemobbt werden zumindest), haben sicher ihren Spaß. Und man will ja kein Spielverderber sein… Aber während die Hunde voll aufgeputscht durcheinander rennen, kommt plötzlich wie aus dem Nichts eine Stimme, die immer lauter (und verzweifelter) „Fiffi, hier!“ ruft. Aber Fiffi hat gerade soooo viel Spaß und wird den Teufel tun, ausgerechnet jetzt das Spiel zu unterbrechen, um sich einen doofen, trockenen Krümel Futter abzuholen (gibt’s später für umsonst im Napf!). Und so lernt Fiffi, dass die Welpenstunde Spaß macht, solange sie nicht sinnlos von Frauchens Rufen unterbrochen wird. Ganz nebenbei lernt Fiffi auch, sowohl seinen Namen als auch das Abrufkommando komplett zu ignorieren und für alle Zeiten dieses menschliche Hintergrundrauschen erstmal auszublenden. Der Gipfel ist dann noch, wenn Frauchen versucht, Fiffi irgendein lahmes Spielzeug ins Maul zu schieben, und meint, das wäre jetzt gerade so lustig wie das Herumrennen. Wer seinem Welpen Freispiel gewährt, sollte dann lieber gleich Kaffeetrinken gehen und den Welpen erst wieder einsammeln, wenn er am Ende der Stunde platt am Boden liegt.

5) Im Freispiel lernt Frauchen/Herrchen…äh: Nichts! Anstatt gerade diese ersten Wochen zu nutzen und vor allem Ersthundebesitzern zu zeigen, wie man dem Hund beibringt, mit Frauchen zu spielen, an lockerer Leine zu laufen, immer zuverlässig zu kommen, ein wenig Sitz, ein bisschen Platz und vor allem wie man ihm hilft, ganz viele neue Eindrücke durch Begegnungen mit verschiedenen Menschen und Hunden (nach sinnvollen Spielregeln!) zu gewinnen, lernt der Mensch, dass der Trainer mehr weiß als er, dass der Welpe macht was er will, sobald andere Hunde anwesend sind, und dass er nach der Welpenstunde schön lange schläft. Der Welpe lernt (s.o.), seinen Namen zu ignorieren, dass Abrufen scheiße ist, und kein Mensch oder Spielzeug der Welt andere Hunde ersetzen kann. Vertane Zeit, vergebene Chance, rausgeschmissenes Geld.

Bin ich also absolut und kompromisslos gegen das Freispiel? Das kann ich mit einem klaren „Jein!“ beantworten! Eine „normale“ Welpenspielstunde würde ich keinem nagelneuen, heißgeliebten Welpen mehr zumuten. Stattdessen würde ich  meinem Welpen immer ganz viel Hundekontakt unter meiner Supervision erlauben, sprich er/sie sollte lernen, wie man sich anständigen Hunden gegenüber anständig nähert und wenn dann ein kurzes Spiel daraus entsteht, umso besser!  Hunde, die ich nicht kenne oder einschätzen kann, kämen nicht mal in die Nähe meines Welpen.

Zudem würde ich Welpi gelegentlich gezielt mit einem oder zwei Welpen (auch wieder unter meiner Aufsicht) kurz spielen lassen, am besten auf einem Spaziergang, auf dem alle in Bewegung sind. Zwischendurch kann man durch Abrufen unterbrechen und das Spiel beenden, lange bevor sich die Welpen in Ekstase gespielt haben und noch abrufbar sind. Merke ich, dass diese Ablenkung für meinen Welpen zu groß ist, sammele ich ihn kommentarlos ein und beende das Spiel. Da es mir wichtiger ist, dass mein Welpe auch in Anwesenheit anderer Hunde noch mit mir arbeiten will, nutze ich dagegen jede Gelegenheit, mit meinem Welpen in einer Gruppe mit anderen Hunden zu trainieren.

Das heißt: Sozialkontakte sind für unsere Hunde wichtig und unersetzlich, das Freispiel in der Welpenstunde nützt aber weder der Erziehung  des Welpen, noch der Erziehung zu sozialem Verhalten und schon gar nicht der Bindung zu seinem/n Menschen und ist zudem gesundheitlich nicht unbedenklich. Gerade weil ich möchte, dass meine Hunde sich auch als erwachsene Hunde noch mit möglichst allen anderen Hunden gut verstehen, sich instinktsicher verhalten und ich ihnen Sozialkontakte erlauben kann, suche ich weiter nach einer Welpenstunde OHNE Freispiel.

Farbe bekennen

Es gibt Momente im Leben, da muss man Farbe bekennen. Und es gibt Taten, zu denen muss man Stellung beziehen – für sich selbst oder sogar öffentlich, denn Unrecht ist wie ein komisches Geräusch am Auto: So etwas geht nicht von selbst weg, es bedarf eines aktiven Eingreifens von außen!

Seit einigen Tagen kursiert ein Video im Internet, das einen bekannten Hundetrainer zeigt, auf dessen Anweisung hin einem angeblich aggressiven Hund in einer gestellten Begegnungssituation ein Blechnapf übergebraten wird. Selbstverständlich löste das Video bei Hundefreunden massive Proteststürme und Wutausbrüche aus, die bis hin zu Morddrohungen gegen den Betreiber der Hundeschulen“kette“ reichten. Anhänger dieses „Trainers“ und leider auch er selbst reagierten mit Rechtfertigungen und dem Totschlagargument „sonst wäre der Hund eingeschläfert worden“. Kein Wort der Reue, keine Einsicht, kein Innehalten, warum die Reaktionen so massiv sind. Der Täter versuchte sich also zudem an der Täter-Opfer-Umkehr, da jetzt ja plötzlich er den massenmedialen Blechnapf  auf den Kopf bekommt.

In diesem Fall möchte ich nicht nur Links empfehlen, sondern selbst Farbe bekennen:

  • Es gibt keinen Kontext in der Hundeerziehung, der diese Maßnahme rechtfertigt. Der Hund lernt in dieser Situation nichts, was zu einer dauerhaften Verhaltensänderung führen würde. Stattdessen wird er physisch und psychisch misshandelt.
  • Was Scheiße aussieht, ist in dem Fall eindeutig Scheiße und sollte daher auch als Scheiße bezeichnet werden.
  • Der entsprechende Trainer zeigt keinerlei Einsicht, ebensowenig seine Anhänger, womit sie sich selbst zusätzlich disqualifizieren.
  • Die Reaktionen auf dieses Video sagen auch sehr viel über die Menschen selbst. Über mich z.B., dass ich manchmal die Klappe nicht halten mag.

Wer sich weiter darüber informieren möchte, dem seien hier zwei sinnvolle Links zur Verfügung gestellt.

Das Video selbst. Mit eigenen Augen sehen, bevor man mitreden kann.

Journalistisch gut aufgearbeitete Reaktion in „Newsblogging„.

Sehr fundiert, was die fachliche Inkompetenz des „Trainings“ anbelangt, Stellungnahme des BHV.

Ganz schön zackig!

Schon seit vielen Jahren postet Zak George, ein amerikanischer Hundetrainer, der beweist, dass auch diese – im Gegensatz zu du-weißt-schon-wem – über Herz und Verstand verfügen, interessante Videos zur Hundeerziehung. So viel Englisch sollte man schon können, ansonsten rate ich zumindest zu einem VHS-Kurs 😉 !

Hier äußert er sich dazu, warum er gegen die Verwendung von elektrischen Zäunen oder Anti-Bellhalsbändern ist und dafür, die Hunde im Haus leben zu lassen (für meine deutschen Leser: Ja, sowas ist in den angeblich zivilisierten USA tatsächlich erwähnenswert). Am meisten berührt hat mich der Satz (bei ca. 1:45): „Dogs are not a nuisance that we need to shock“. Wie wahr: Wer seine Hunde nur als lästig und störend empfindet, sollte sie erziehen oder sich erst gar keinen Hund anschaffen.